Definition von Schulsozialarbeit
Die Definitionen von Schulsozialarbeit haben sich in Deutschland im historischen Verlauf sukzessive verändert und konkretisiert, ohne dass von einer Definition von Schulsozialarbeit gesprochen werden kann. Stand in den 1970er Jahren die Förderung der Bildungsreform und in den 1980er Jahren die Kooperation von Jugendhilfe und Schule allgemein im Fokus des Verständnisses, wird heute unter Schulsozialarbeit – vereinfacht formuliert – die engste Form der Kooperation von Jugendhilfe und Schule verstanden, bei der sozialpädagogische Fachkräfte ganztägig und kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften zusammenarbeiten. Im Folgenden soll zunächst die Herkunft des Begriffes Schulsozialarbeit kurz erläutert, dann der Begriff Schulsozialarbeit begründet, Mindestmerkmale von Schulsozialarbeit definiert sowie unterschiedliche Definitionen zur Schulsozialarbeit dargestellt werden.
Im Folgenden werden einige Definitionen zur Schulsozialarbeit in zeitlicher Abfolge überblicksartig vorgestellt. Begonnen wird mit einer Definition des International Network for School Social
Work.
International gebräuchliche Definition zur Schulsozialarbeit
Eine international gebräuchliche Definition zur Schulsozialarbeit kommt vom International Network for School Social Work (http://internationalnetwork-schoolsocialwork.htmlplanet.com; Januar 2013):
„School social workers are social workers especially trained to work with children in schools.
School social workers help students with:
• School problems
• Family problems
• Community problems
School social workers work with
• Children and teens
• Parents
• Teachers and other school staffs
School social workers
• Help students academically and socially
• Act a liaison between home and school
• Make referalls to community agencies
• Help in a crisis
• Provide prevention programs“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2011
Speck (2011, 2): „Schulsozialarbeit ist ein Angebot der Jugendhilfe, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften auf einer verbindlich
vereinbarten und gleichberechtigten Basis zusammenarbeiten, um junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern, dazu beizutragen,
Bildungsbenachteiligungen zu vermeiden und abzubauen, Erziehungsberechtigte und LehrerInnen bei der Erziehung und dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz zu beraten und zu unterstützen sowie zu
einer schüler-freundlichen Umwelt beizutragen.“
Spies/Pötter (2011, 14): „Zumeist steht bzw. stand hinter dem jeweiligen Begriff letztlich der Gedanke, ein auf Kinder und Jugendliche in der Schule bezogenes, aber nicht auf Schule begrenztes, von
Jugendhilfe allein oder gemeinsam mit Schule verantwortetes Tätigkeitsfeld sozialer Arbeit zu markieren, dass sowohl einen Teilbereich von Jugendhilfe als auch mehrere ihrer Angebotsformen am Ort der
Schule bereithält und sich dabei auf eigenständige sozialpädagogische Handlungskompetenz stützt.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2010
AvenirSozial/SchulsozialarbeiterInnen-Verband (SSAV) der Schweiz (2010, S. 1f.) „Die Schulsozialarbeit ist ein Berufsfeld der Sozialen Arbeit und nutzt deren Methoden und Grundsätze. Sie arbeitet mit
Fachleuten trans- und interdisziplinär zusammen. Die Theorie und Praxis der Schulsozialarbeit orientieren sich an der Sozialen Arbeit als Handlungswissenschaft. Die Schulsozialarbeit ist eine
gleichberechtigte Partnerin gegenüber der Schule, welche als eigenständige Fachstelle mit der Schule kooperiert. Schulsozialarbeit ist an allen Schulformen (z. B. Volks-, Berufs-, Privat- oder
Kantonsschulen) ein fester Bestandteil der Schule. Die Schulsozialarbeit fördert und unterstützt die Integration der SchülerInnen in die Schule. Die Schulsozialarbeit bietet Unterstützung für eine
erfolgreiche Bewältigung des (Schul-)Alltags. Sie trägt dazu bei, sozialen und persönlichen Problemen vorzubeugen, sie zu lindern und zu lösen. Sie fördert die Zusammenarbeit zwischen Schule und
Elternhaus.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2009
Drilling (2009, 95): „Schulsozialarbeit ist ein eigenständiges Handlungsfeld der Jugendhilfe, das mit der Schule in formalisierter und institutionalisierter Form kooperiert. Schulsozialarbeit setzt
sich zum Ziel, Kinder und Jugendliche im Prozess des Erwachsenwerdens zu begleiten, sie bei einer für sie befriedigenden Lebensbewältigung zu unterstützen und ihre Kompetenzen zur Lösung von
persönlichen und/oder sozialen Problemen zu fördern. Dazu adaptiert Schulsozialarbeit Methoden und Grundsätze der Sozialen Arbeit auf das System Schule.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2008
Krüger (2008, 161) „Die grundsätzlichen Ziele der Schulsozialarbeit sind die der Jugendhilfe, d.h. Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und dazu beizutragen,
Benachteiligungen zu vermeiden und abzubauen. Darüber hinaus sollen Eltern und andere Erziehungsberechtigte beraten und unterstützt und Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl geschützt
werden. Weiter ist es Ziel dazu beizutragen, dass positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien geschaffen werden.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2006
Spies (2006, 157): „Schulsozialarbeit bzw. schulbezogene Jugendsozialarbeit als sozialpädagogisches Handlungsfeld in schulischem Kontext bietet auf der Grundlage ihrer Methodenvielfalt die notwendige
Struktur, vorhandene Hilfesysteme adressatengerecht institutionell zu verankern, notwendige Veränderungsprozesse zu koordinieren, familien- wie auch berufsrelevante Perspektiven in die
Lebensgestaltungshilfen einzubinden und Gegenpole zu Risikosozialisationen zu bilden.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2005
Vögeli-Mantovani (2005, 24): „Schulsozialarbeit ist die organisatorische, kooperative und auf Dauer angelegte Integration einer zusätzlichen, eigenständigen fachlichen Kompetenz und Dienstleistung in
die Institution Schule, um die Umsetzung eines umfassend verstandenen Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule mit erweiterten, den Problemen und Umständen der Lernenden und Heranwachsenden
angepassten Mitteln und Aktivitäten zu unterstützen“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2004
Bönsch (2004, 131) „Sie [die Schulsozialarbeit, K.S.] ist zu definieren als sozialpädagogische Arbeit, die unterrichtsergänzend/-stützend, lernfördernd und sozialintegrativ die Pädagogik des
Unterrichts begleitet.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2003
Bolay u. a. (2003, 9): Wir verstehen unter `Schulsozialarbeit` nicht die ganze Breite an schulbezogenen Kooperationsformen der Jugendhilfe, sondern reservieren diesen Begriff für eine Arbeitsform,
die, langfristig vereinbart und mit sozialpädagogisch qualifizierten Fachkräften durchgeführt, direkt in Schulen oder zentral auf Schule bezogen stattfindet (Rademacker 1996: 217).“
Kraimer (2003, 17): Schulsozialarbeit bezeichnet alle Arbeitsansätze, Tätigkeiten und Zusammenhänge, die auf einer professionellen Basis in oder im Umfeld der Schule zur lebensweltnahen Unterstützung
in Notlagen oder zur generellen Förderung des sozialen Zusammenlebens realisiert werden. Schulsozialarbeit leitet ihren Auftrag aus der Kinder- und Jugendhilfe ab und ist eine professionelle
Leistung, die den Prinzipien der Freiwilligkeit, der Aufforderung zur Selbsttätigkeit und der Lebensweltorientierung mit den Aspekten der Dezentralisierung und Regionalisierung folgt.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2002
Rademacker (2002, 11): „Ob von Schulsozialarbeit die Rede sein kann oder nicht, entscheidet sich nach diesem aus § 13 SGB VIII abgeleiteten Verständnis vor allem daran, ob ihre Angebote und
Leistungen sich vorrangig an sozial benachteiligte oder individuell beeinträchtigte Kinder und Jugendliche richten, deren Schulerfolgschancen erkennbar und massiv beeinträchtigt sind.“
Seithe (2002, 78): „Die Schulsozialarbeit umfasst den Zusammenhang der sozialpädagogischen Tätigkeiten im Kontext des öffentlichen Schulwesens. Programmatisch, institutionell und rechtlich ein
integraler Bestandteil der Jugendhilfe ist sie in besonderem Maße geeignet, Prävention und konkrete Intervention miteinander zu verbinden und zudem der Aufgabenstellung des Kinder- und
Jugendhilfegesetzes nachzukommen, sich für bessere Lebensbedingungen ihres Klientels einzusetzen und sich in die bestehenden Lebenswelten, hier die Schule, `einzumischen` (vgl. §1.4 KJHG).“
Schermer/Weber (2002, 44): „Es „wird von zwei konstituierenden Merkmalen des Begriffs Schulsozialarbeit ausgegangen, nämlich einerseits dem inhaltlichen Bezug zur Lebenswelt `Schule` und andererseits
der methodisch, fachlichen Grundlegung im Bereich der sozialen Arbeit. Eine sozialpädagogische oder sozialarbeiterische Ausbildung gehört damit zu den notwendigen Voraussetzungen für eine Tätigkeit
in diesem Feld.“
Bettmer u. a. (2002, 14): „Schulsozialarbeit hat als Teil des Jugendhilfesystems eine theoretisch und konzeptionell eigenständige Funktion zwischen Schule und Jugendhilfe […]. Diese Funktion von
Schulsozialarbeit sehen wir im Aufbau von Kommunikationsstrukturen in der Schule, die zur gemeinsamen Verständigung über die Realisierung sozialpädagogischer Elemente und dafür notwendigen
Organisationszusammenhänge im Schulalltag beitrage. Schulsozialarbeit ist daher als Organisation zu betrachten, die die Differenz von Jugendhilfe und Schule in ein Ergänzungsverhältnis bringt und
damit der gemeinsamen Integrationsfunktion eine Basis gibt.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2001
Ludewig/Paar (2001, 521): „Schulsozialarbeit ist eine Form der Jugendhilfe, verortet in der Schule, einer wichtigen Sozialisationsinstanz für junge Menschen. Schulsozialarbeit ist insofern ein
infrastrukturelles Element in der Schule. Sie setzt dort an, wo sozialpädagogische bzw. sozialarbeiterische Kompetenzen erforderlich sind, wo psychosoziale Bedingungen und Belastungen Lernen
unmöglich machen, wo soziale Ausgrenzungen drohen oder bestehen, wo die Entwicklung von sozialen Kompetenzen zu unterstützen ist, wo es der personenorientierten Hilfen zum Übergang in Ausbildung und
Beschäftigung bedarf und zuweilen auch wo die Entwicklung eines entwicklungsfördernden Schulklimas zu unterstützen ist.“
Homfeldt/Schulze-Krüdener (2001, 22): „In der Schule ist eine zweite professionelle Kompetenz nötig als Schulsozialarbeit, die auf der Mikro-, Meso- und Makroebene tätig ist, auch als intermediäre
Instanz, die niedrigschwellige Angebote schafft, eigene Räume anbieten kann, an der Organisationsentwicklung von Schule mitwirkt und sozialpädagogische Verfahren (z. B. biographische Diagnostik)
einbringt. Dies gilt für alle, nicht nur für belastete Schulen.“
Ludewig/Paar (2001, 521): „Schulsozialarbeit ist eine Form der Jugendhilfe, verortet in der Schule, einer wichtigen Sozialisationsinstanz für junge Menschen. Schulsozialarbeit ist insofern ein
infrastrukturelles Element in der Schule. Sie setzt dort an, wo sozialpädagogische bzw. sozialarbeiterische Kompetenzen erforderlich sind, wo psychosoziale Bedingungen und Belastungen Lernen
unmöglich machen, wo soziale Ausgrenzungen drohen oder bestehen, wo die Entwicklung von sozialen Kompetenzen zu unterstützen ist, wo es der personenorientierten Hilfen zum Übergang in Ausbildung und
Beschäftigung bedarf und zuweilen auch wo die Entwicklung eines entwicklungsfördernden Schulklimas zu unterstützen ist.“
Definitionen zur Schulsozialarbeit im Jahr 2000
Olk/Bathke/Hartnuß (2000, 180): „Unter Schulsozialarbeit sollen sämtliche Aktivitäten und Ansätze einer verbindlich vereinbarten, dauerhaften und gleichberechtigten Kooperation von Jugendhilfe und
Schule –- bzw. von Fachkräften der Jugendhilfe einerseits und Lehrkräften andererseits –- verstanden werden, durch die sozialpädagogisches Handeln am Ort sowie im Umfeld der Schule ermöglicht wird.
Schulsozialarbeit in diesem Sinne ist definitionsgemäß eine Aufgabe der Jugendhilfe. Sie bringt jugendhilfespezifische Ziele, Tätigkeitsformen, Methoden und Herangehensweisen in die Schule ein, die
auch bei einer Erweiterung des beruflichen Auftrages der Lehrer nicht durch die Schule allein realisiert werden können. Schulsozialarbeit ist also eine zusätzliche Ressource, die die pädagogische
Qualität der Schule weiterentwickeln hilft und das Repertoire pädagogischer Arbeitsformen und Lernchancen erweitert.“
Hollenstein/Tillmann (2000, 36): „Schulsozialarbeit im engeren Sinne wird durchgeführt von hauptamtlichen Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw. Sozialpädagoginnen/ Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung. Die Trägerschaft dieser Praxis ist unterschiedlich und wird kontrovers diskutiert. (...) Einheitlicher sind hingegen die Arbeitsschwerpunkte in unterschiedlichen Trägerschaften:
Gruppenarbeit, Einzelfallhilfe, Beratung, Vernetzung (Hilfeverbund, Gemeinwesenarbeit), Hilfen für den Übergang Schule und Beruf, und als ein allgemeines Ziel ist die Prävention zu nennen.“
Braun/Wetzel (2000, 79 bzw. 66): „Wir verstehen unter Schulsozialarbeit die Gesamtheit der sozialen und pädagogischen Aktivitäten von Fachkräften der Sozialarbeit bzw. Sozialpädagogik, die
sozialpädagogische Profilgebung in der Schule und ihrem Umfeld anzuregen, zu unterstützen und durch eigenständige Angebote zu erweitern.“; „Sozialpädagogische Profilgebung umfasst die Gesamtheit der
sozialen und pädagogischen Bemühungen, die Lernfähigkeiten und -bereitschaften der Kinder/Jugendlichen, damit auch ihre Unterrichtsfähigkeiten und -bereitschaften zu fördern und zu erhalten, immer
häufiger auch diese überhaupt erst herauszubilden. [...] Die sozialpädagogische Profilgebung ist Regelaufgabe der Schule und an ihr sind alle in der Schule tätigen PädagogInnen beteiligt.“
Bundesweite Informations- und Vernetzungsseite zur Schulsozialarbeit in Deutschland 2017